Essen TeBe

Rot-Weiß Essen - TeBe Berlin 2:0


Essen, Dezember 2000. Aus Protest dagegen, daß mittlerweile Bundesligaspiele samstags abends um acht stattfinden, beschloß man vor einigen Tagen, das Heimspiel des FCK gegen Bayern München zu boykottieren. Der eigenen Psychologie entsprechend konnte man dies aber nur tun, wenn man als Begründung sich selbst gegenüber sagen konnte, man hätte aufgrund eines anderen Termins keine Zeit gehabt, nach K'lautern zu fahren. So suchte man und fand schließlich die Partie des RW Essen gegen die sich auf dem Durchmarsch in die Oberliga befindende TeBe Berlin. Neugierig auf das Stadion an der Hafenstraße, welches eine gewisse Ähnlichkeit zum Bieberer Berg hat, war man sowieso.

Das Stadion entsprach dem, was man erwartet hatte: Toiletten wie auf dem Bieberer Berg (welche zumindest mal als Mann einem immer noch lieber sind als die Edel-WCs unter der K'lautrer Haupttribüne), eine gewisse Renovierungsbedürftigkeit des Stadions sowie ein Fanblock, der nicht in eine Kurve gezwängt ist, sondern sich auf der Gegengerade breit machen darf. Kurios übrigens das Werbeschild vor dessen Eingang, auf dem ein Beerdigungsinstiut damit warb, das erste und älteste in Essen zu sein... Man ist doch hier in einem Stadion, oder?

Essen? Da denkt man auch an die Fans, denen nachgesagt wird, daß sie sehr treu, zum Teil aber auch sehr "problematisch" sind. Einen ersten Eindruck hiervon bekam man, als der Stadionsprecher vor Spielbeginn auf einige Dinge hinwies: So sei es nicht gestattet, mit Artikeln ins Stadion zu kommen, die "eine bestimmte politische Richtung" ausdrücken. Pfeifkonzert. Angesichts der nicht vorhandenen Frisuren wußte man, was gemeint war; aber, so fragte man sich, warum wird das Kind nicht beim Namen genannt, sondern verharmlosend umschrieben?

Deutlicher wurde die in Teilen der Anhängerschaft vorhandene Geisteshaltung, als der Stadionsprecher darum bat, den Spruch beim Abstoß ("Arschloch, Wichser, Hurensohn") wenn schon nicht zu unterlassen, so doch wenigstens auf den Nachsatz "Jude" zu verzichten. Noch größeres Preifkonzert. Der Aufforderung an die restlichen 98 Prozent Zuschauer, diesem irgendwie etwas entgegenzusetzen, wurde zwar schuldbewußt Folge geleistet - aber nur zweimal. Beim dritten Mal war das Gewissen vielleicht schon genügend beruhigt (man hatte es ja schließlich versucht), es gab keinen Widerstand mehr; worauf die Rechten ihre dominierende Stellung mit der Aufforderung "Wir wollen Euch pfeifen hören" zum Ausdruck brachten. Warum hat man nicht selbst - als Einzelner - in diesem Moment "Nazis raus" gebrüllt? Warum? Weil, weil, weil...

Falls in Offenbach jemals solche Zustände eintreten sollten, wird einem nichts anderes übrig bleiben, sich solange zu wehren, bis man keine Stimme mehr hat, bis 98 Prozent mitmachen oder bis man eine aufs Maul bekommt. Aber dann kann man sich wenigstens nicht vorwerfen, den Rechten widerstandslos die Bühne überlassen zu haben.

Der RWE gewann übrigens durch zwei Tore in der ersten Halbzeit mit 2:0.

Photos: Georg-Melches-Stadion


Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.


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